Dienstag, 11. März 2014

Entspannt und unkompliziert

Am Wochenende wurde uns gesagt, wir seien - angesichts der Tatsache, dass es unser erstes Kind sei - unheimlich entspannt. Ein Blogartikel bei Me - Super Mom zu dem Thema kam noch hinzu und ich habe beschlossen, unsere Verhaltensweisen mal zu überprüfen.

Als wir schwanger waren, hatte ich mir vorgenommen, entspannt zu bleiben, auch wenn die Vorzeichen gegen uns sprachen: erstes Kind "alter" Eltern. Alles, was wir gehört und gelesen hatten, deutete darauf hin, dass wir zwangsläufig übertrieben ehrgeizige Helikoptereltern werden und einen verwöhnten, überbehüteten Kronprinz heranziehen.

Und dann? Schon während der Schwangerschaft habe ich versucht, mich nicht verrückt machen zu lassen. Ich war auf Konzerten und habe nicht immer biogesund gegessen (im Gegenteil, ab und zu mussten trotz Gestationsdiabetes Pommes mit Ketchup sein und auch Kaffee war ab dem 2. Trimester wieder drin). Die Vorsorgeuntersuchungen waren mir heilig, aber zwischendurch habe ich mir wenig Gedanken gemacht. Natürlich hatte ich Glück, dass alles problemlos lief und ich mich die ganze Zeit über sehr gut gefühlt habe - das hat es natürlich einfach gemacht, entspannt zu bleiben.

Als der Kleine dann da war, standen schon die ersten Pläne für die ersten drei Monate fest: Familientreffen, Taufen, Geburtstage. Der Kleine war überall dabei. Und wenn wir nicht unterwegs waren, haben wir Freunde eingeladen. Von vorneherein war klar, dass wir uns nicht abschotten können und wollen. Wir haben die Fußball-EM geguckt (sehr leise) und der Kleine hat im Tragetuch oder in seiner Wiege geschlafen. Ich habe immer und überall gestillt, auch mal im Einkaufszentrum auf einer Bank (dass es dort einen Stillraum gibt, habe ich erst festgestellt, als der Kleine längst abgestillt war). Während der Zeit habe ich alles gegessen, worauf ich Appetit hatte. Ich habe ihn getragen und im Kinderwagen gefahren. Ich bin nicht nervös geworden, als einmal die Katze meiner Schwester in den Kinderwagen auf das schlafende Kind sprang, und ich habe die bisherigen Pseudokruppanfälle zwar sorgenvoll, aber nicht panisch begleitet, bis es dem Zwerg wieder gut ging. Natürlich gehe ich sofort zum Arzt, wenn mir etwas komisch vorkommt, aber im Großen und Ganzen gehöre ich nicht zu den Müttern, die beim kleinsten Schnupfen und beim geringsten Bauchweh dort auf der Matte stehen. Mein Bauchgefühl sagt mir, wenn der Arzt nötig ist, und bisher sind wir damit gut gefahren.

Der Kleine trägt oft gebrauchte Klamotten, teilweise sogar gebrauchte Schuhe, und nicht alle Klamotten sind aus Biobaumwolle. Ich habe ihn auch schon versehentlich zu warm oder zu kalt angezogen - hat er beides überstanden. Da er kein Schnullerkind war, kam ich ums Schnullerdesinfizieren rum. Fläschchen wurden desinfiziert - bis wir in die Beikost einstiegen und der Kleine zu krabbeln anfing. Ab da wurde nur noch gespült. Der Brei war nicht immer selbst gekocht, sondern häufig aus dem Gläschen (und wahrscheinlich mehr bio als das Biogemüse aus dem Supermarkt). Er hat alles angeboten bekommen und alles gegessen. Die erste Pommes hat er schon recht früh geknabbert. Wir versuchen, nicht zu viele zuckerhaltige Sachen im Alltag zuzulassen, aber ein (gezuckerter) Keks ist immer mal drin, er darf vom Kuchen probieren oder auch mal ein ganzes Stück alleine essen. Alles in Maßen, aber nicht übertrieben streng. Da er noch freiwillig Tee und Wasser trinkt, sehen wir keine Veranlassung, dass durch ein Saftangebot zu ergänzen. Das kommt früh genug und wenn es so weit ist, bekommt er ihn. Aber warum forcieren?

Die Windeln sind nicht vom Markenhersteller. Klar, ab und zu gibt es schon Dinge, die unter "Verwöhnen" laufen - teures Babyöl fürs Eincremen nach dem Baden zum Beispiel. Für den Popo gibt's Sonnenblumenöl und Feuchttücher. Wir waren nur in den Krabbel- und Musikgruppen, an denen ich selbst auch Spaß hatte. Kein Pekip, kein Babyschwimmen. Er kam mit einem Jahr in die Kita, fühlt sich dort pudelwohl und lernt ganz automatisch viele Dinge durch das Zusammensein mit anderen. Das braucht es keine gezielte Förderung. Er darf laufen und klettern und ausprobieren - wir sind ja immer in der Nähe, um einzugreifen, falls er sich zu weit entfernt, riskante Dinge probiert oder sich überschätzt. Natürlich muss er noch viele Dinge lernen und verstehen - Verhalten im Straßenverkehr zum Beispiel. Dabei versuchen wir aber auch, einen guten Kompromiss zwischen langer Leine und enger Führung zu finden.

Mama und Papa reagieren natürlich ganz unterschiedlich und verhalten sich auch so. Das finden wir nicht schlimm. Ich lese abends eher vor, der Papa singt mehr. Ich mache mich abends mit dem Zähneputzen unbeliebt, bei Papa geht's auch mal schneller und ausnahmsweise weniger gründlich. Dafür bin ich nachgiebiger, wenn der kleine Trotzkopf mal wieder durchbricht. Und manchmal auch einfach unbeeindruckter.

Wir haben ein unkompliziertes Kerlchen - weil wir so entspannt sind? Oder sind wir so entspannt, weil das Kerlchen so unkompliziert ist? Ich vermute, das bedingt sich gegenseitig. Klar, natürlich gibt es mal Spannungen - der Kleine ist motzig und ich werde ungeduldig, er ist krank, kann nicht in die Kita und ausgerechnet an dem Tag stehen bei beiden im Job wichtige Projekte an, sodass keiner freinehmen kann und es irgendwie gewuppt werden muss (was bei mir nicht selten zu kleinen Panikanfällen à la "Wie soll ich das nur schaffen!" führt - die oft unbegründet sind, weil sich Lösungen ergeben. Dazu aber ein andermal mehr) oder wir Großen haben eine Grundsatzdiskussion - jedoch nichts, was sich nicht auch wieder klären und in ruhige Bahnen lenken lässt.

Ein Loblied auf uns - zumindest im Moment noch. Wer weiß, wann wir doch noch den Heli-Motor anschmeißen! :-)